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Der "Antikrebs-Plan" und ich - ein (vorläufiger) Erfahrungsbericht

Rezension Lorenzo Cohen Antikrebs Plan

Auf der Suche nach einem neuen Rhythmus und einer neuen Struktur
hat mich das Buch von Lorenzo Cohen und Alison Jefferies in den Wochen nach meiner Krebsdiagnose beinah jeden Tag begleitet. Hier lest ihr nun meine persönliche Meinung zu dem Buch mit dem provokanten Titel "Antikrebs-Plan".

 

Nach einer Krebsdiagnose bricht zunächst eine Welt zusammen, das Leben gerät im Bruchteil einer Sekunde aus den Fugen. Vieles was zuvor selbstverständlich und sicher war, ist mit einem Wimpernschlag anders als zuvor. Nach dem Sturz in dieses tiefe Tal und einigen wirklich verzweifelten Momenten, war für mich schnell klar: aufgeben ist keine Option! Es ist eine Situation, die es, überraschend und ungeplant, zu meistern gilt.


Schnell setzt sich von ärztlicher Seite aus ein Automatismus in Gang, dem ich mich (gerne) gefügt habe, der mir Sicherheit vermittelt hat und und der mir Struktur und Organisation in diesem (meinem) Chaos geboten hat. In meinem Fall war von Beginn an klar, dass eine Chemotherapie unverzichtbar sein würde. Eine große Chance und zugleich eine weitere sehr ernüchternde Information, die ein hohes Maß an Unwägbarkeit mit in das ganze Kopf-Körper-Chaos bringt.

Neben alles Voruntersuchungen und Befundbesprechungen hatte ich meinen Ärzten versprochen nicht im Internet zu suchen und mich "unsicher zu lesen". Aber irgendetwas wollte ich tun, wollte wieder aktiv werden, nicht alles passiv über mich ergehen lassen und vorallem das Gefühl gewinnen, dass ich selber ganz aktiv einen Beitrag zu meiner Heilung leisten kann. Die Aussagen aus dem Krankenhaus zur Frage nach diesem aktiven Beitrag wurden für mich nicht zufriedenstellend beantwortet und eher in dem Sinne "Machen Sie weiter wie bisher." abgetan. Meine Schwester (eine sehr kluge Frau!) hat für mich nach wissenschaftlichen Untersuchungen, Studien und belastbaren Erkenntnissen zu meiner Diagnose und der Heilung des Krebses gesucht. Und siehe da, in Amerika gibt es sie eine Studie, die seit geraumer Zeit am MD Anderson Cancer Center in Houston/Texas durchgeführt wird und deren Idee auf dem Bestsellers von David Servan Schreiber "Das Antikrebs-Buch. Was uns schützt: Vorsorgen und Nachsorgen mit natürlichen Mitteln" basiert. In dieser Comprehensive Lifestyle Study wird der Einfluss einer Lebensstilveränderung auf den Verlauf der Krebstherapie bei Brustkrebspatientinnen untersucht und schlussendlich auch belegt.

Lorenzo Cohen und Alison Jefferies, die beide maßgeblich an der Entstehung und Durchführung der Studie beteiligt sind, haben ihre Ergebnisse und Beobachtungen vorab im "Antikrebs-Plan" zusammengetragen und stellen eine Reihe von bewussten Lebenstilveränderungen vor, die sie den "Mix of Six" nennen und durch die jeder/jede positiven Einfluss auf sein persönliches Krebsrisiko und auf den Heilungsprozess nehmen können soll. Der Untertitel des Buches fasst es als "Vorbeugen, unterstützen, nachsorgen mit den 6 Säulen der Gesundheit" zusammen. Auf genau einen solchen Ratgeber hatte ich gehofft und statt mich also im Internet "unsicher zu lesen" habe ich mich in das Buch vertieft und es nicht nur gelesen, sondern wirklich durchgearbeitet.

 

Doch was genau sind nun die 6 Säulen, die in der Studie untersucht werden?

Wie zu erwarten, sind es die klassischen Faktoren, die Einfluss nehmen auf die Gesundheit: Liebe und soziale Unterstützung / Stress und Stressabbau / Schlaf und Erholung / Bewegung / Ernährung / Umwelt. Sie gilt es einer kritischen Überprüfung zu unterziehen und im besten Fall wenn auch nur kleine, aber Optimierungen herbeizuführen, die sich wiederum gegenseitig positiv beeinflussen und zu einem insgesamt gesünderen, weil bewussterem Leben verhelfen. Eins vorne weg: Die Aussage des Südwest-Verlags im Klappentext "Das Ergebnis (Anm.: wenn man sich an diese 6 Säulen hält): ein gesunder Lebensstil ohne Krebs." halte ich nicht nur für falsch, sondern auch für sehr bedenklich, da es für ein Leben ohne Krebs niemals (zumindest nach heutiger Forschungslage) eine Garantie geben wird. Außerdem basiert die dem Buch zugrunde liegende Studie natürlich auf einer Gruppe von bereits Erkrankten. Eine Studie, die belegen würde, dass man mit einem Leben nach dem optimalen "Mix of Six" ein Leben lang Krebsfrei sein und bleiben könnte, gibt es nicht. Doch zurück zum Buch.

 

Die Autoren starten zunächst mit einer allgemeinen Einführung und erläutern die Entstehung und den Verlauf ihrer Forschung, an deren Entstehung eben auch der bereits genannte David Servan-Schreiber maßgeblich beteiligt war, bevor er 2011 selbst an Krebs verstarb. Zuvor hatte Servan-Schreiber jedoch selbst nach seiner Diagnose sein Leben radikal nach dem "Antikrebs-Plan" geändert und immerhin 19 Jahre mit Krebs überlebt - ein Fakt, der im Buch häufiger Erwähnung findet.

Die Ausführungen teilen sich dann in zwei Teile. Der erste Teil, der überschrieben ist mit "Das Antikrebs-Zeitalter" beinhaltet neben zahlreichen Daten und Fakten zu Krebserkrankungen allgemein, zur Entstehung von Krebs und den schulmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten, ein ganzes Sammelsurium an Fallbeispielen von Patienten, die sich nach ihrer Krebsdiagnose, auf der Suche nach aktiven Handlungsmöglichkeiten, auf einen gesünderen Lebensweg begeben und damit einen positiven Verlauf ihrer Krankheit herbeigeführt haben. Verständnis für die Selbstheilungskräfte des Körpers und eine Aktivierung derselben sind zwei Dinge, die den Autoren in diesem ersten Teil sehr am Herzen liegen.

Wie die Selbstheilungskräfte des Körpers aktiviert werden können, wird dann im zweiten Teil des Buches erläutert, der die Überschrift "Der Mix of Six" trägt. Alle oben bereits genannten Säulen werden nacheinander beleuchtet, ihr Inhalt wissenschaftlich erläutert, der Einfluss auf die Gesundheit dargestellt und anhand zahlreicher Fallbeispiele illustriert. Jedes Unterkapitel schließt mit dem jeweiligen "Antikrebs-Plan-Leitfaden" in dem Hinweisen und Anregungen zusammengestellt sind, wie jeder einzelne von uns Verbesserungen in diesem Bereich erreichen kann.

 

Interessant war es allemal sich die einzelnen Themenbereich vor Augen zu führen und auf den Prüfstand zu stellen, wenn es auch für mich persönlich nicht in allen Bereichen aktuen Handlungsbedarf gab. Besonders haben es mir die Kapitel über Bewegung, Ernährung und Umwelt angetan. Hier hatte ich das Gefühl direkt beim ersten Lesen eine höhere Sensibilität zu erreichen und etliches noch verbessern und umsetzen zu können.

 

Was das Lesen des Buches, bei allem Interesse, wirklich erschwert hat, war einerseits natürlich meine direkte Betroffenheit - ich lese das ja nicht, um eventuell etwas sehr Abstraktes im besten Fall verhindern zu können, sondern ich lese das, um eine lebensbedrohliche Krankheit überwinden zu können - die einen enorm hohen Druck beim Lesen aufgebaut hat. Es ist schlicht und ergreifend nicht möglich von heute auf morgen alle Hinweise des Buches zu übernehmen, ebenso wie es unmöglich ist all diese und alle weiteren Ratschläge außerhalb dieses Buches umzusetzen. Es brauchte ein bisschen Zeit, bis ich für mich nicht nur klar hatte, welche Bereiche eine Verbesserung erfahren sollen, sondern auch, wie ich diese Verbesserungen in meinen neuen Alltag integrieren kann. Und auch jetzt, nachdem ich diesen Weg schon etliche Wochen gehe, muss ich lernen nachsichtig mit mir zu sein, wenn die äußeren Umstände (Kortisoninfusionen oder Chemoübelkeit sind solche gefährlichen Situationen) mal einen Ausreißer vom Weg verlangen.

Andererseits ist der Schreibstil sehr "amerikanisch", was für mich bedeutet, dass eben viele Fallbeispiele angeführt werden, die als Belege für die Ausführungen dienen sollen und in einem sehr persönlichen Ton geschildert werden. Ebenso werden die Bezüge zu zahlreichen anderen Wissenschaftlern und ihren Untersuchungen in einem, für meinen Geschmack, zu privaten Plauderton beschrieben. Ein bisschen mehr Straffung hätte ich mir hier gewünscht - Jammern auf hohem Niveau, denn den Kern des Buches finde ich absolut plausibel und seine Umsetzung und Verbreitung absolut notwendig!
Daher meine Bitte: Lest dieses Buch, tut euch selbst etwas Gutes und lasst einen gesunden Lebensstil bei euch einziehen. Ihr habt nur dieses eine Leben!

 

Für mich ist es für die Vorbeugung aus dem Untertitel des Buches zu spät, aber hätte ich noch einmal die Chance in die Zeit vor der Erkrankung zurückzureisen, dann würde ich alles in meiner Macht stehende tun und versuchen, um einer Erkrankung eventuell vorzubeugen. Ob die Unterstützung tatsächlich funktioniert, kann ich auch nicht objektiv belegen, aber es geht mir mit den umgesetzten Lebensstilveränderungen trotz der einen oder anderen Nebenwirkung alles in allem immer wieder auch sehr gut. Ich habe das Gefühl ich kann aktiv etwas tun und genieße diese gesündere und bewusstere Lebensweise. Auch wenn ich weiß, dass das Ende noch nicht erreicht ist und noch einiges an Luft nach oben ist, so ist doch für mich jede kleine Veränderung auch wieder ein Erfolg, an dem ich mich erfreue. Das Gute ist zusätzlich, dass der im Buch empfohlene Lebensstilwandel in keinem Fall schaden kann. Obst und Gemüse beißen nicht, Umweltgifte zu vermeiden tut nicht weh und auch meine regelmäßige Meditationspraxis hinterlässt keine negativen Spuren. Bis ich versuche mit meinem Lebensstil meine Nachsorge zu unterstützen und zu verbessern, werden noch ein paar Wochen vergehen, dennoch bin ich schon jetzt absolut überzeugt, dass jeder von uns durch bewusstes Handeln positiven Einfluss auf sein persönliches Krebsrisiko und auf den Heilungsprozess nehmen kann.

 

Die Vorabergebnisse der amerikanischen Studie werden durch Ergebnisse weiterer Studien zum Einfluss von Sport auf die Nebenwirkungen und die Heilungschancen bei Krebspatienten gestützt. Nachlesen könnt ihr die Ergebnisse dieser Studien zum Beispiel hier.

 

Versucht ihr euer Leben gesund und achtsam zu gestalten? Und was hat die Betroffenen von euch gut durch die Nebenwirkungen der Krebstherapie gebracht? Hinterlasst mir gerne einen Kommentar und diesem Beitrag!

 

Lorenzo Cohen / Alison Jefferies

Antikrebs-Plan. Vorbeugen, unterstützen und nachsorgen mit den 6 Säulen der Gesundheit

Südwest Verlag, ISBN 978-3-517-09610-0, 20€

 

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