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Rezension: "The Girls" - Emma Cline

In meinem Urlaub, bei gleißendem Sonnenschein auf dem Balkon, habe ich mich von diesem Buch und seinem unheimlichen Sog mitreißen und entführen lassen zu Evie und einer Kommune rund um den Anführer Russell. Die 14jährige Evie lebt bei ihrer Mutter, nachdem die Eltern sich getrennt haben. Die Stimmungsschwankungen der Mutter und ihre hilflosen Versuche ihrem Leben auch nach der Trennung wieder einen Sinn zu geben, treiben Evie von Zuhause weg. Sie verbringt viel Zeit mit ihrer Freundin Connie, mit der sie eine seltsame Hass-Liebe pflegt. Als sie eines Nachmittags im Park vier unbekannte Mädchen beobachtet, die etwas heruntergekommen sind und die sich völlig ungeniert und leicht obszön durch die Menschenmenge bewegen, keimt in ihr der Wunsch zu dieser Gruppe gehören zu wollen. Als sich die Gelegenheit bietet, nimmt sie ersten Kontakt zu Suzanne, der Anführerin der Mädchengruppe, auf und wehrt sich nicht, als die Mädchen ihr bei einem zweiten Aufeinandertreffen anbieten sie mit zu ihrem Haus zu nehmen. Auf der Fahrt dorthin schwärmt jede auf ihre Art von Russell, von seiner Ausstrahlung, seinem Glanz, seiner Magie, seiner Musik. Auf der Ranch angekommen, fühlt sich Evie wie in einer anderen Welt. Alle scheinen hier frei von jedweden Zwängen zu sein, alles scheint harmonisch und unkompliziert zu sein. Das sie in eine Sekte hineinrutscht bemerkt sie nicht. Es ist vorallem die Beziehung zu Suzanne, die Evie Halt gibt - immer wieder hält Suzanne schützend die Hand über Evie.
Der Sog, der die Gruppe in den Abgrund zieht wird immer stärker, die Hitze wird immer größer, das Geld und damit auch die Nahrungsmittel werden immer knapper. Kleinere Diebstähle reichen irgendwann nicht mehr zum Leben aus und als ein größerer Geldgeber abspringt, stiftet Russell seine Untergebenen zu einer furchtbaren Tat an.
Die Geschichte der jungen Evie wird in Rückblicken von der gealterten Evie erzählt. Diese Figur, die eine Distanz zur eigentlichen Handlung bilden soll, bräuchte der Roman nicht, vorallem, weil die gealterte Evie nicht annährend so überzeugen kann wie die junge Evie.

Emma Cline, Jahrgang 1989, schreibt ein Debüt, dass sich an der Geschichte der Manson Family, einer Gruppe von Männern und Frauen um Charles Manson, die 1969 durch mehrere Morde in Kalifornien berühmt berüchtigt wurden, orientiert. Die Sprache ist klar und passt perfekt Inhalt. Emma Cline fängt die Atmosphäre gekonnt ein und kann überzeugend darstellen, wie die Isolation des jungen Mädchens und ihre Suche nach Anerkennung und ihr Wunsch nach Zuneigung zu einer gefährlichen Abhängigkeit führen.

Ich freue mich auf mehr von Emma Cline!

 

Emma Cline

"The Girls"

dtv-Taschenbuch, ISBN 978-3-423-14620-3, 10,90€

 

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