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Rezension: "Beim Morden bitte langsam vorgehen" - Sara Paborn

Es ist mal wieder eines der Bücher auf das ich rein optisch aufmerksam geworden bin. Es stand in der Buchhandlung im Regal mit den Leseexemplaren und lächelte mich mit seinem türkisfarbenen Einband an. (Bei Türkis kann ich einfach schlecht widerstehen.) Einmal begonnen habe ich den vierten Roman der schwedischen Autorin, von der ich bisher nichts gelesen hatte, in einem Rutsch verschlungen.

Das Buch erzählt aus der Sicht von Irene wie es passieren konnte, dass sie zur Mörderin wurde. Irene und ihr Mann Horst leben seit vielen Jahren zusammen in einem Haus, die beiden Kinder sind lange ausgezogen und lassen sich selten blicken. Irene arbeitet mit viel Leidenschaft als Bibliothekarin. Horst lebt zwar mit Irene unter einem Dach, interessiert sich aber nur für seinen Job als Bauleiter und für seine Musik. Seiner Frau gegenüber verhält er sich desinterssiert und drängt nicht nur Irenes Interessen in den Hintergrund, sondern verdrängt sie nach und nach aus allen Räumen des Hauses und nimmt ihr so im wahrsten Sinne den Raum zum Leben, bis Irene schließlich nur noch der Rückzug in den Heizungskeller bleibt. Selbst dort übernimmt Horst die Kontrolle, als er Irenes Bücherkartons zum Altpapier bringt, um Platz zu schaffen für Zementsäcke (die kann man immer brauchen!), die zwischengelagert werden müssen. Als Irene beim Aufräumen Bleibänder aus den Gardinen ihrer Großmutter findet, erinnert sie sich an ein Buch über die Herstellung von Bleisalz. Nachdem sie sich sorgfältig informiert hat, wird die heimische Küche zum Chemielabor und nach und nach füllen sich immer mehr Gläser in der Küche mit weißen Flocken, die Irene mit dem Schild "Süßstoff" versieht. Horst wird von Irene mit diesen Flocken "versorgt" und dadurch immer hinfälliger. Je schlechter es Horst geht, um so mehr blüht Irene auf und erfüllt sich zunächst kleine und später größere Träume und erobert sich Stück für Stück auch die Räume im gemeinsamen Haus zurück. Nach seinem Tod erfüllt sich Irene schließlich ihren Herzenswunsch: ein eigenes kleines Häuschen auf dem Land für sich selbst und ihre Bücher.

Es ist eine leise Geschichte mit einer unglaublich starken sympathischen Protagonistin. Die Sprache ist klar und aufgeräumt und passt zu der Klarheit mit der Irene handelt. Das Buch ist bitterböse schwarzhumorig und gleichzeitig tief ergreifend. Wie weit muss ein Mensch gedemütigt und erniedrigt werden, um zu einer solch drastischen Maßnahme zu greifen und gleichzeitig, muss es nicht einen anderen Weg geben, um mit sich zu wehren? Obwohl ich sicher nicht zu derartigen Maßnahmen greifen würde, hat mich Irenes Handeln nicht gewundert oder schockiert. Es ist eine Geschichte, die bei mir (auch langfristig) ein Lächeln zurück gelassen hat.

 

Ich muss jedenfalls jetzt recherchieren, was Sara Paborn noch geschrieben hat. Vielleicht haben ihre früheren Bücher ja auch schöne Cover?

 

Sara Paborn

"Beim Morden bitte langsam vorgehen"

DVA, ISBN 978-3-421-04802-8, 18€

 

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