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Leselust - Lesefrust // (Was) Muss man lesen?

Wer meine Beiträge des letzten Monats verfolgt hat, der weiß, dass ich mich an einem Lesestapel für einen Lesekreis versucht habe. Leider geht es nicht in allen Lesekreisen darum die Freude am Lesen zu fördern und zu vermitteln, sondern über Bücher zu diskutieren, ihre Schwächen zu finden und die Bücher abzuqualifizieren. Schon dies reicht für mich aus, zu wissen, dass das nicht meine Welt ist, habe mich dennoch auf einen zweiten Versuch eingelassen, den ich dann, wie beschrieben abgebrochen habe.
Im Nachgang dieser Absage kam es zu einem Gespräch, bei dem unter anderem zur Sprache kam, dass es ja nicht sein kann, dass man ein Buch nicht zuende liest oder gar nach ein paar Seiten schon für "unlesbar" erklärt. Solche Aussagen machen mich wirklich nachdenklich. Deshalb war es auch zwei Wochen, abgesehen von meinen Instagram-Beiträgen, recht ruhig um mich.

 

Darf man Bücher nicht mögen? Darf man die Lektüre abbrechen? Darf man Autoren einfach wegen ihres Schreibstils nicht mögen? Darf man Bücher zu bestimmten Themen einfach nicht lesen wollen? Darf man ganz lustorientiert lesen?

 

JA, JA, JA, JA und JA!

 

Jeder von uns hat seine eigene Geschichte und seinen ganz eigenen Geschmack. Was mir gefällt, muss niemand anderem gefallen. Nicht einmal das, was mir heute gefällt muss ich morgen noch immer gut finden.

Ein Buch oder eine Geschichte kann dich tragen und weiterbringen, kann dich begleiten, kann dich neugierig machen, dir Trost spenden oder ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. Es kann dich aber auch im falschen Moment treffen, dich traurig oder wütend machen, kann alte Wunden aufreißen oder dich langweilen. Erfüllend ist es dann, wenn dich das richtige Buch im richtigen Moment trifft. Nicht immer passiert das - was dann?
Dann ist es legitim ein Buch beiseite zu legen und ein neues zu beginnen. Vielleicht merkst du, dass dich das Buch trotzdem interessiert, dann heb es auf und versuch es zu einem anderen Zeitpunkt erneut. Vielleicht merkst du aber auch, dass das Buch und du einfach nicht zusammen finden werdet (und das ist überhaupt nicht verwerflich), dann trenn dich - schlag es zu, schenk es weiter oder setz es aus, aber belaste dich nicht weiter damit.

 

Nicht jeder mag Oldtimer oder Jazzmusik oder Heiße Schokolade oder Jackson Pollock - genauso mag nicht jeder Droste-Hülshoff, Kafka oder Hemingway. Natürlich schadet es nichts, offen zu sein und Neues zu probieren, aber wenn es bei dem Probieren bleibt und der Funke nicht überspringt, dann ist es kein Grund zur Panik - und schon gar kein Grund andere danach zu beurteilen.

 

Die Diversität ist es, die ich an meinem Beruf so liebe - der breite Bogen den die Literatur spannt und an dem sich jeder bedienen kann, wo immer er möchte. BuchhändlerkollegInnen werden wissen wovon ich spreche, wenn ich sage, es gibt manchmal diesen magischen Moment, in dem man weiß, dass man genau das richtige Buch für einen Kunden gefunden hat, dieses eine besondere Buch, das in diesem Moment zu ihm passt. Diese Momente sind es, die den Beruf so besonders und so erfüllend machen. Und manchmal passiert es, dass dieser Kunde zurückkommt und sich bedankt, für die Buchempfehlung, die so ins Schwarze getroffen hat - ein unbeschreibliches Gefühl!
Und genauso ein unbeschreibliches Gefühl ist es, wenn ich selber ein Buch in der Hand halte, von dem ich ahne, dass es genau das richtige für mich ist, das es mich abholt, mitnimmt und bewegt. Das ist der Grund, der mich immer und immer wieder zu einem Buch greifen lässt.
Was ich lese teile ich gerne mit anderen (nicht nur in diesem Blog oder auf Instagram), ich rede gerne über Bücher, ich tausche mich aus und höre mir auch andere Sichtweisen an, aber ich möchte mir meine Leseeindrücke nicht kaputt reden lassen, genauso versuche ich immer wieder auch anderen ihre Leseeindrücke zu lassen.

In diesem Sinne lest wie es euch beliebt, genießt es und lasst euch von niemandem vorschreiben, was ihr gut zu finden habt!

 

 

 

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