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Rezension: "Die letzten Meter bis zum Friedhof" - Antti Tuomainen

Frisch beendet und für gut befunden

Völlig verzückt war ich von der ersten bis zur letzten Seite von diesem Finnen, der nicht lange auf dem Stapel ungelesener Bücher ausharren musste. Angesprochen hat mich das Buch diesmal weniger wegen des Covers, wobei ich das in seiner Schlichtheit durchaus echt schick finde, als mehr wegen des wunderbaren Titels, der schon das Makabere, wie auch das Skurrile durchblicken lässt, das den Leser erwartet.

 

Hauptperson und Ich-Erzähler des Romans ist Jaakko. Er ist Inhaber einer gut laufenden Firma, die Matsutake-Pilze aus den finnischen Wäldern nach Japan verkauft. Von seinem Arzt erhält Jaakko die Nachricht, dass er aufgrund einer Vergiftung nur noch wenige Tage zu leben hat. Jaakko nimmt die Nachricht relativ gefasst auf und will sich zunächst mit seiner Frau besprechen. In der Firma kann er sie nicht antreffen, so dass er nach Hause fährt, wo sie ab und zu ihre Mittagspause verbringt. Er trifft Taina tatsächlich an, allerdings sitzt sie splitterfasernackt und in eindeutiger Aktion auf Petri, einem von Jaakkos Angestellten, der wiederum auf einem Liegestuhl in Jaakkos Garten liegt. Jaakko erbricht sich ins Gebüsch, macht sich dann auf den Weg in sein Büro und schreibt eine Liste um seine Gedanken zu ordnen. Unter Laufende Projekte steht sein Tod an erster Stelle direkt gefolgt von den Ermittlungen, wer ihn vergiftet hat. Taina und Petri stehen auf der Liste der Verdächtigen natürlich ganz oben.

 

Ein weiteres Problem tut sich auf, als in direkter Nachbarschaft zu Jaakkos Geschäft eine weitere Firma für den Export von Pilzen eröffnet. Jaakko möchte Kontakt zur Konkurrenz aufnehmen und wird gefilmt, wie er deren Firmengelände und -gebäude betritt. Daraufhin nimmt die Konkurrenz, in Person von drei bärbeißigenFinnen, mit denen nicht zu spaßen scheint, mit Jaakko Kontakt auf. Die drei legen es auf Ärger an, wollen Jaakko mit allen Mitteln vom Markt verdrängen und verfolgen ihn immer wieder. Jaakko kann nichts dafür, dass einer nach dem anderen das Zeitliche segnen, nur ist es ärgerlich, dass er sich immer um die Entsorgung der Leichen kümmern muss.

 

Als Jaakko schließlich auch noch Wind davon bekommt, dass Taina und Petri hinter seinem Rücken ein Treffen mit den Japanern für neue Verhandlungen ausgemacht haben, bleibt zum Sterben entgültig keine Zeit mehr.

 

Es ist eine ruhige Geschichte die Antti Tuomainen uns erzählt. Sie ist nicht schreiend komisch, aber trotz des Ernstes der Lage amüsant. In seiner Nüchternheit erinnert der Roman an Filme wie "In China essen sie Hunde" oder "Dänische Delikatessen". Und trotz des provozierenden Titels und des leicht makaberen Themas enthält der Roman auch tiefgründige Passagen über die Einstellung zu Leben und Tod und die Frage, was wirklich zählt im Leben wie im Sterben.

Eine der Stellen, die ich mir beim Lesen mit einem Eselsohr angemerkt habe lautet: "Das mag nur eine Momentaufnahme sein, aber das gilt ja - wie ich jetzt weiß - für alles im Leben. Es ist seltsam. Wie lange ich in dem Glauben gelebt habe, unsterblich zu sein, als würde Sommer auf Sommer folgen, als würde der nächste besser werden als der vergangene. Wahr ist, dass wir nur einen Augenblick haben: einen Moment lang Sonne, einen hellen Schein, den wir nicht verstehen, einen Raum aus Zeit der schwindet."

 

Das Buch möchte ich allen Fans finnischer Literatur (und solchen, die es werden wollen) ans Herz legen. Vielleicht als Beilage zu einem kleinen Pilzsüppchen?

 

Antti Tuomainen

"Die letzten Meter bis zum Friedhof"

Rowohlt Taschenbuch, ISBN 978-3-499-27388-9, 9,99€

 

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